Otavalo

Wir haben Land 5 erreicht.

Von Ipiales aus ging es fix mit dem Taxi zur 15 Minuten entfernten Grenze. Der kolumbianische Taxifahrer hat uns zum Abschied sogar umarmt und sich für unseren Besuch bedankt. Ein sehr schöner Moment. Aber plötzlich sahen wir eine endlose Schlange und dachten schon der Grenzübergang würde uns Stunden kosten, als ein Mann uns vorwinkte. Als Europäer darf man vordrängeln, denn wir haben den Ausreisestempel problemlos bekommen, für andere scheint das schwieriger (mit circa 5 Formularen in der Hand). Unsere Freiheit, ein Privileg, dass uns wieder einmal vor Augen gehalten wurde.
Auf der ecuadorianischen Seite wartete wieder eine Schlange auf uns, die sich komplett um das ganze Migrationsamt schlängelte. Remo war gleich mutig, fragte den Polizisten am Eingang und wieder winkte dieser uns rein. Es machte auch den Eindruck, dass die meisten zur Ausreise aus Ecuador anstanden. Nach 45 Minuten erreichten auch wir den Schalter und bekamen ohne Schwierigkeiten oder Fragen unseren Einreisestempel. Willkommen in Ecuador, sagte der Taxifahrer und brachte uns zum 20 Minuten entfernten Terminal nach Tulcan. Wir waren total überrascht, als wir die ganze Strecke auf einer schlaglochfreien Straße zurücklegten. Am Busbahnhof mussten wir dann wieder Schlange stehen. Ein Bus nach Otavalo stand dann aber nach 30 Minuten doch bereit. Noch schnell eine Tüte Chips de plátano gekauft (wir stehen gerade voll auf gesalzene Bananenchips) und los ging die wieder schlaglochfreien Fahrt *yeah*. Dadurch brauchten wir für 150km im Vergleich zu Kolumbien nur 3h. Dieses Mal kam aber hinzu, dass wir von routinemäßigen Polizeikontrollen gestoppt wurden. Auch wir mussten einmal dran glauben, aber einmal kurz Rucksack aufmachen reichte dem Beamten. So konnten wir zügig unsere Busfahrt durch die schöne Landschaft fortführen. Kurz vor Otavalo begrüßte uns schon der Vulkan Imbabura. Unser Bus stoppte leider nur am Ortseingang und so nahmen wir für die letzten 2,5km ein weiteres Taxi für 1,50 Dollar (ach ja Ecuador hat übrigens wieder US Dollar). Unser Hostel lag sehr zentral, nur eine Querstraße vom Plaza de Poncho, wo wir am nächsten Tag auf einem indigenen Markt in Kaufrausch verfielen und uns zum Beispiel warme Jacken aus Schafswolle kauften.

Der Ort Otavalo zählt zu einer indigenen Gemeinde. Ketschua, in Bolivien Qhichwa, in Peru auch Qichwa, in Ecuador Kichwa, ist eine Sammelbezeichnung für die Angehörigen der Ethnien, deren Muttersprache das Quechua ist. Sie bilden ein indigenes Volk in Südamerika. Am Nachmittag besuchten wir das Museum Fabrica San Pedro. Dort erklärte uns beiden eine sehr freundliche Kichwa Dame ihre Sitten und Gebräuche, sowie die traditionelle Webtechnik (Es dauert einen Monat, um einen Poncho herzustellen). Teilweise bekam ich richtig Gänsehaut, als sie voller Leidenschaft von ihrer Kultur sprach und sogar kurz einen Gesang aus einem Ritual anstimmte. Nach der kleinen privaten Führung, schauten wir uns die alte Textilfabrik an, in der früher Sklaven arbeiten mussten.

Otavalo ist umringt von Vulkanen und Lagunen, die zum Wandern einladen. Wir haben uns dieses Mal für Mountain Bikes entschieden. Wobei man sagen muss, am Anfang haben wir viel geschoben und Stopps gemacht, da es super steil bergauf ging und wir bei 2500 m wieder ganz schön in Atemnot kamen. Wir haben es dann aber doch noch geschafft, die weiteren 350 Höhenmeter zu überwinden. Unterwegs wurden wir nach jedem Anstieg mit tollen Ausblicken belohnt. Auf den Feldern trafen wir immer wieder Einheimische an, die beeindruckender Weise noch mit sehr traditionellen Mitteln die Felder bestellten. Am höchsten Punkt angekommen, erreichten wir King Koma Pucara mit seinem heiligen Baum in der Mitte, der doch schon etwas in die Jahre gekommen schien und unser Eindruck doch sehr vom Flyer abweicht. El Lechero ist ein bedeutender heiliger Ort für indigene Rituale. Wir hatten einen schönen Blick auf den Vulkan Imbabura 4.621m, den San Pablo See und den Cotacachi Vulkan 4.937m.

Anschließend stoppten wir am Condorpark, eine Auffangstation für verschiedene Greifvögel und Eulen. Es war sehr beeindruckend die edlen Tiere mit ihrer gewaltigen Flügelspannweite zu beobachten.

Währenddessen hatten wir sogar freien Blick auf den Vulkan Imbabura.

Danach machten wir ein kleines Picknick mit Blick auf den See San Pablo und einen hungrigen Zuschauer, der sich dann über unsere Reste hermachte.

Die restliche Strecke ging es nur noch bergab, aber sehr steil, auf unbefestigten Wegen, sodass man ganz schön ins Rutschen kam. Plötzlich rannten zwei Hunde auf die Straße, um sich wichtig zu machen, und sprangen mich an. Mich, die total damit beschäftigt war, das Rad unter Kontrolle zu halten, erschreckten die beiden Vierbeiner dermaßen, dass es mich vom Fahrrad haute. Ich stelle mir gerade die beiden Kläffer vor, wie sie dachten „Yeah, wieder einen Radfahrer zum Fallen gebracht!“. Dieses Erlebnis war nicht gerade hilfreich, um meine Ängstlichkeit gegenüber Hunden zu verlieren. Außer ein paar blauen Flecken, ist zum Glück nichts passiert, aber Remo musste erstmal trösten. Nach kurzer Zeit überquerten wir einen Fluss, in dem noch, wie früher, die Wäsche von den Dorfbewohnern gewaschen wird.
Im Tal erreichten wir unseren letzten Stopp, den Eingang zum Wasserfall Peguche. Diese Kaskade von 30 Metern Höhe und 6 Metern Breite ist an steilen Hängen gebildet. Bei den Inti Raymi-Festlichkeiten ist der Peguche-Wasserfall das zeremonielle Zentrum für das Reinigungsritual.